Richtlinie zur Schullaufbahnberatung sowie Berufswahlvorbereitung und Studienberatung vom 10. Dezember 2015

Aus Schulrecht Rheinland-Pfalz
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Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur vom 10. Dezember 2015 (941 A – 03111-0/35)

Bezug: - Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur vom 18. November 2011 – 941 D – 03111-0/35 – (Amtsbl. 2012 S. 35)

1 Grundsätze und Ziele

1.1 Die Schullaufbahnberatung sowie die Berufswahlvorbereitung und die Studienorientierung haben das Ziel, Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern über die vielfältigen Möglichkeiten des differenzierten Schulsystems und das breite Angebot an Ausbildungsberufen und Studienmöglichkeiten kompetent und gendersensibel zu beraten.

1.2 Schullaufbahnberatung, Berufswahlvorbereitung und Studienorientierung beginnen in der Sekundarstufe I und werden in der Sekundarstufe II kontinuierlich fortgeführt. Grundsätzlich leisten alle Fächer ihren Beitrag und behandeln berufsbezogene Themen, um Schülerinnen und Schüler auf die künftige Berufswelt vorzubereiten und eine fundierte Berufs- und Studienwahl zu ermöglichen. Dazu gehören auch die Auseinandersetzung mit den Ursachen der geschlechtsspezifischen Berufswahl und das Aufzeigen von Alternativen.

1.3 Schullaufbahnberatung, Berufswahlvorbereitung und Studienorientierung sind zum Gegenstand von Gesamtkonferenzen und von Jahrgangsstufenkonferenzen zu machen. Alle weiterführenden Schulen erstellen ein über mehrere Jahre angelegtes systematisches Konzept mit konkreten und verbindlichen Maßnahmen für die Schullaufbahnberatung sowie für die Berufswahlvorbereitung und Studienorientierung.

1.4 Die Schulen kooperieren im Rahmen regionaler Netzwerke mit allen Akteuren, die maßgeblich am Übergangsgeschehen beteiligt sind (Netzwerkbeteiligte). Dazu gehören insbesondere Vertreterinnen und Vertreter aller Schularten (Realschulen plus, Gymnasien, Integrierte Gesamtschulen, Förderschulen, berufsbildende Schulen), der Kammern, der Agenturen für Arbeit und freier Träger sowie Hochschulen. Bei besonderen Unterstützungsbedarfen sind die entsprechenden Netzwerkbeteiligten einzubeziehen. Dies sind für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund und ihre Eltern insbesondere die kommunalen Beiräte für Migration und Integration, Migrantenorganisationen und die Migrationsfachdienste, sowie für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen die Integrationsfachdienste.

Es können auch Unternehmen und Sozialpartner sowie die regionalen Arbeitskreise Schule Wirtschaft beteiligt werden.

2 Fortbildungs- und Beratungsangebote

Das Pädagogische Landesinstitut unterstützt die verantwortlichen Lehrkräfte für die Schullaufbahnberatung, Berufswahlvorbereitung und Studienorientierung zur Vorbereitung auf die Beratungsaufgabe durch unterstützende Fortbildungsmaßnahmen, durch das Angebot von Beratung und Prozessbegleitung sowie durch die Entwicklung praxistauglicher Materialien. Die Schulleitungen unterstützen die Lehrkräfte bei der Wahrnehmung der Beratungstätigkeit und fördern die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen und schulübergreifenden Lehrkräftearbeitsgemeinschaften.

3 Schullaufbahnberatung, Berufswahlvorbereitung und Studienorientierung in allen Schularten und Schulformen ab Klassenstufe 5

3.1 Koordinatorin oder Koordinator für die Schullaufbahnberatung, Berufswahlvorbereitung und Studienorientierung

An jeder öffentlichen Schule benennt die Schulleiterin oder der Schulleiter eine verantwortliche Lehrkraft, die die Arbeit der Netzwerkbeteiligten an der Schullaufbahnberatung, Berufswahlvorbereitung und Studienorientierung koordiniert (Koordinatorin/Koordinator). Sie oder er ist verantwortlich dafür, dass die einzelnen Elemente und Aktivitäten des Konzepts für die Schullaufbahnberatung, Berufswahlvorbereitung und Studienorientierung für die Schülerinnen und Schüler der Schule angeboten werden. Die Koordinatorin oder der Koordinator erhält für diese Tätigkeit gemäß Anlage 1 Nr. 1.3.5 der Lehrkräfte-Arbeitszeitverordnung vom 30. Juni 1999 (GVBl. S. 148, BS 2030-1-4) in der jeweils geltenden Fassung 1 Anrechnungsstunde. Sie oder er erstattet der Schulleiterin oder dem Schulleiter und der Gesamtkonferenz regelmäßig Bericht über ihre oder seine Arbeit.

3.2 Auftrag an die Schulen

Die Schulen erstellen ein über mehrere Schuljahre angelegtes, systematisches Konzept für die Schullaufbahnberatung, Berufswahlvorbereitung und Studienorientierung der Schülerinnen und Schüler, das auch die Angebote der Agenturen für Arbeit, der Kammern, der Verbände, der Landesregierung sowie aller übrigen am Netzwerk Beteiligten einbezieht. Das Konzept bedarf der Zustimmung des Schulelternbeirates (§ 40 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 SchulG). Es ist schriftlich festzuhalten und allen Netzwerkbeteiligten sowie der Schulbehörde zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Konzept ist eine Jahresplanung über alle schulischen und außerschulischen Maßnahmen der Schullaufbahnberatung und Berufsorientierung zu entwickeln, die unter anderem folgende Schwerpunktsetzungen als Mindeststandards enthalten sollte:

- Zusammenstellung aller regionalen Maßnahmen für die Schullaufbahnberatung, die Berufswahlvorbereitung und die Studienorientierung, – Zusammenstellung aller verantwortlichen Personen der Netzwerkbeteiligten, – schriftliche Vereinbarung über die jeweiligen Aufgaben der Netzwerkbeteiligten, über die Art der Einbindung und Beteiligung der Eltern sowie über die Zusammenarbeit mit Dritten, – Kooperationen mit Partnern aus der Wirtschaft und den Hochschulen, – Einbeziehung des Konzepts in die curriculare Jahresplanung, – Einbeziehung in das Qualitätsprogramm der Schule, – Abstimmung der Fortbildungskonzeption der Schule auf das Qualitätsprogramm.

3.3 Aufgaben und Schwerpunkte der Schullaufbahnberatung und der Berufswahlvorbereitung in der Sekundarstufe I sowie im Berufsvorbereitungsjahr, der Berufsfachschule I und der Berufsfachschule II

3.3.1 Zielvorgaben

3.3.1.1 Alle Netzwerkbeteiligten tragen gemeinsam die Verantwortung für eine zielgerichtete, individuell angepasste und kontinuierliche Unterstützung der Jugendlichen, die nicht an einzelnen Bildungsabschnitten endet.

3.3.1.2 Die Netzwerkbeteiligten treffen Zielvereinbarungen für jeweils ein Schuljahr. Darin werden konkrete Maßnahmen festgeschrieben.

3.3.1.3 Die entwickelten Maßnahmen sind am Ende eines Schuljahres zu evaluieren, zu dokumentieren und die Ergebnisse in der weiteren Planung zu berücksichtigen.

3.3.2 Schwerpunkte des Konzepts

3.3.2.1 Das bisherige Übergangsverhalten der Schülerinnen und Schüler der jeweiligen Schule wird ermittelt und dokumentiert. Dabei werden einzelne Handlungsfelder, wie z. B. die Vermittlung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund oder Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen besonders berücksichtigt.

3.3.2.2 Das Konzept enthält Vorgaben zur gemeinsamen Begleitung von Schülerinnen und Schülern, die der besonderen Unterstützung bedürfen.

3.3.2.3 Den Netzwerkbeteiligten sind die jeweiligen verantwortlichen Lehrkräfte der Schule zu nennen. Die Kontaktdaten der Netzwerkbeteiligten und verantwortlichen Personen sind aktuell zu halten.

3.3.3 Schwerpunkte der Beratung

3.3.3.1 Die regionalen Angebote werden in Klassen, in Sprechstunden für Schülerinnen und Schüler und auf Elternabenden vorgestellt. Möglich ist dies auch an Informationsständen bei Schulveranstaltungen, durch Präsenz bei Informationsabenden zur Schullaufbahnberatung und Berufswahlvorbereitung und durch Teilnahme an Berufsinformationsabenden oder -messen. Es findet ein regelmäßiger Informationsaustausch durch Weitergabe von Broschüren und Rückmeldungen zu erfolgreich verlaufenen Maßnahmen statt.

3.3.3.2 Authentische Erfahrungen aus der beruflichen Praxis von Eltern, ehemaligen Schülerinnen und Schülern sowie unterschiedlicher Institutionen und Betriebe sollen über die Betriebspraktika der Schülerinnen und Schüler hinaus genutzt werden.

3.3.3.3 Die Beratung der einzelnen Schülerin und des einzelnen Schülers wird durch die Einträge im Berufswahlportfolio dokumentiert.

3.3.3.4 Bei Jugendlichen mit besonderem Unterstützungsbedarf im Hinblick auf ihren Übergang in den Beruf werden Fördermaßnahmen frühzeitig ergriffen und eine begleitende Betreuung beispielsweise durch die Berufsberatung der Agentur für Arbeit, ein Angebot der Landesregierung oder des Integrationsfachdienstes angeregt.

3.3.3.5 Eltern werden in den Prozess der Schullaufbahnberatung und Berufswahlvorbereitung einbezogen. Sie sollen mindestens einmal jährlich bedarfsgerecht bei Elterngesprächen anhand des Berufswahlportfolios über den erreichten Stand der Berufsorientierung informiert werden.

3.3.3.6 Schullaufbahnberatung ist in den einzelnen Schularten für folgende Klassenstufen oder Schulformen anzubieten: den Schülerinnen und Schülern an allgemeinbildenden Schulen spätestens ab der Klassenstufe 8, den Schülerinnen und Schülern im Bildungsgang ganzheitliche Entwicklung an Förderschulen spätestens ab Klassenstufe 10 sowie den Schülerinnen und Schülern des Berufsvorbereitungsjahres und der Berufsfachschule I und II an berufsbildenden Schulen.

3.3.4 Tage der Berufs- und Studienorientierung

In der Regel findet im zweiten Schulhalbjahr in den Klassenstufen 8 oder 9 unter Einbeziehung der Netzwerkbeteiligten mindestens an einem Tag Berufs- und Studienorientierung statt, an dem gleichwertig über die duale Berufsausbildung und Studienmöglichkeiten informiert wird. Die zeitliche Einbindung der Elemente und Themenbereiche für die Berufs- und Studienorientierung obliegt den Schulen und ist in der Jahresplanung für die Schullaufbahnberatung, Berufswahlvorbereitung und Studienorientierung der Schülerinnen und Schüler zu verankern. Dieser Tag ist durch Vor- und Nachbereitung nachhaltig zu gestalten. Die Schülerinnen und Schüler erhalten zur Bestätigung eine Teilnahmebescheinigung. Die Eltern sind in Form eines Elternabends zu informieren.

3.4 Aufgaben und Schwerpunkte der Berufswahlvorbereitung, Studienorientierung und Schullaufbahnberatung in der Berufsschule sowie in Schularten und Schulformen, die zur Fachhochschulreife, zur fachgebundenen oder allgemeinen Hochschulreife führen

An Berufsschulen, Fachoberschulen, höheren Berufsfachschulen, Berufsoberschulen I und der dualen Berufsoberschule/Fachhochschulreifeunterricht wird Schullaufbahnberatung rechtzeitig angeboten.

3.4.1 Zielvorgaben

3.4.1.1 Die Schulen erstellen ein Konzept für die Berufswahlvorbereitung und die Studienorientierung. Es soll grundlegende Kompetenzen zur Berufs- und Studienwahl fördern und Schülerinnen und Schüler anregen, sich mit Fragen der Berufs- und Studienwahl gendersensibel auseinanderzusetzen sowie Informations- und Entscheidungsstrategien zunehmend selbstständig und eigenverantwortlich zu entwickeln.

Die Berufs- und Studienorientierung ist an allen Gymnasien Teil des regulären Angebotes. Es gilt Nr. 3.3. Die Veranstaltungen sind in der Regel Pflichtveranstaltungen.

3.4.1.2 Die Berufswahlvorbereitung und die Studienorientierung werden in der gymnasialen Oberstufe vertieft. Sie umfassen an den Integrierten Gesamtschulen und Gymnasien fünf Doppelstunden und finden in der Jahrgangsstufe 11 oder 12 (in G8GTS Gymnasien in der Jahrgangsstufe 10 oder 11) in der Oberstufe statt. Lehrkräfte und Berufsberaterinnen und Berufsberater sowie andere Beteiligte des Netzwerks führen die Veranstaltungen gemeinsam durch.

3.4.2 Betriebspraktikum und Beratung

3.4.2.1 Ein Betriebspraktikum soll Schülerinnen und Schülern Einblicke in die berufliche Wirklichkeit gewähren. Dies kann in den Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen in der Jahrgangsstufe 11 (im G8GTS Gymnasium in der Jahrgangsstufe 10) zum Beispiel in Verbindung mit dem Fach Sozialkunde erfolgen. In Betriebserkundungen lernen die Schülerinnen und Schüler Betriebe und die Arbeitswelt kennen. Sie können sich so über verschiedene Berufe informieren und erhalten damit Orientierungshilfen für die Berufswahl. Hierbei ist die Verbreiterung des Berufswahlspektrums von jungen Menschen über die klassischen Frauen- und Männerberufe hinaus zu unterstützen.

3.4.2.2 Die Schulen sollen die berufs- und studienkundlichen Veranstaltungen der Berufsberatung der Agenturen für Arbeit, der Hochschulen und der Wirtschaft nutzen, die speziell auf die Interessenlagen der Schülerinnen und Schüler abgestimmt sind.

4 Inkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Februar 2016 in Kraft. Gleichzeitig tritt die im Bezug genannte Verwaltungsvorschrift außer Kraft.